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Künstler: Oceansize

Album: Effloresce

Erscheinungsjahr: 2003

Anspieltipp: Gesamtkunstwerk

Autor: Gastrezensent Torben

Oceansize. Size of an Ocean (so heißt auch deren Homepage: http://www.sizeofanocean.com). Die Größe eines Ozeans also. Und wie man beim Hören dieser Platte bemerken wird, verspricht ihr Name nicht einmal zuviel. Gewaltige, mitreißende Riffs, kombiniert mit ins Unterbewusstsein einfressenden Melodien, die deine Stimmung ausweglos von der Musik abhängig machen lassen. Keine leichten Ohrwürmer für zwischendurch, dieses Album lässt sich Zeit. Dasselbe verlangt es auch vom Hörer ab: Bis man innerhalb dieser Reizüberflutungen eine klare Linie gefunden hat, braucht es einige Durchgänge. Noch mehr davon braucht es, wenn man all diese herrlichen kleinen Details erkennen will.

Im Opener „I am the morning“ fängt es dabei noch recht harmlos, und doch hoffnungsvoll an. Eben wie ein neuer Tag, so stelle ich mir ein Aufstehen an einem freien Samstag um 12.20 Uhr vor; voller Erwartungen und Hoffnungen, aber eben auch Ungewissheit. Doch nach einer Zeit setzt ein bedrohliches Piepsen ein. Anfangs leise, doch setzt es sich langsam durch, wie ein unschöner Gedanke, der sich nicht verdrängen lassen will. Und bald ist es soweit, die Energie prescht ein. Die Wellen schlagen höher, „Catalyst“ bricht ins Haus. Und zwar mit einer derartigen Gewalt, dass kein Haus dieser Welt stehen bleiben könnte. Wo ist der sichere Morgen von eben hin? Unschlüssig, ob die Energie gut ist oder böse, lässt man sich Hoch- und Runterreißen, wie auf einem einsamen Schlauchboot im Meer. Cut. Nächster Song. Leise fängt es wieder an, wieder bedrohlich. „One day all this could be yours“ kommt, zwar vergleichsweise ruhig, und doch emotional. Wieder mitreißend, doch diesmal eher durch die Hintertür. Eine psychedelische Melodie, die Ungewissheit ausstrahlt. Zu Recht, wenn man die Lyrics liest: „Just an act/an impossible divorce/that put life into you”. Es geht also um eine Geburt. Doch nicht nur darum, das ganze Leben scheint charakterisierbar gemacht werden zu wollen: „Nobody ever said they’d love you forever/they close you up and let you down/separate forever/One day all this could be yours“ heißt es am Ende. Letztendlich ist man also völlig auf sich allein gestellt. Grausam, aber oft genug realistisch.

Nachdem es eben noch um die Ungewissenheit des Lebens ging, scheint es jetzt, im knapp 10-Minütigem Epos „Massive bereavement“ die tote Zerstörung in Reinform zu sein. Die Ängste haben sich bewahrheitet. Dabei fängt es noch so harmlos mit einer einzigen Trommel an. Doch auch das wird nicht lange so bleiben. Eine scheinbar heile Welt bläht sich immer weiter auf, doch gerät sie immer weiter aus der Bahn, und wird am Ende, mit ihr der Hörer, vom einem gigantischen Gitarrengewitter in Stücke gerissen. Dann ist 238 Sekunden Pause. Das durchweg ruhige „Rinsed“ scheint für nichts anderes gedacht zu sein. Hier passiert nicht allzu viel, das macht aber auch nichts, hat man schließlich immer noch genügend Soundfetzen aus den vorherigen Songs im Ohr hängen. Die folgenden 3 Songs, „You wish“, „Remember where you are“ und „Amputee“, fahren die Energie leicht runter und leiten sie in angenehme Songwriterbahnen um, wie man sie auch aus dem Nachfolger „Everyone into position“ kennt; demzufolge nimmt die Stimme des Sängers Mike Vennart zunehmende Bedeutung ein: Nicht immer so gefühlvoll und treffsicher, wie man’s gerne hätte, doch sehr kraftvoll und irgendwie auch „menschlich“. Insbesondere „Remember where you are“ zeigt mal eine eher ruhige, melodische Seite des Albums, ein Beispiel für die Vielseitigkeit der Band. Und wieder geht es über Probleme des Lebens im allgemeinen: „Lie awake still waiting on a single bite of cherry for you/Hold it in your arms/Jeopardise what little you have/See any further than your own faults”. Also, es heißt aufstehen und anpacken, nicht jammern! Wenn das gemeine Volk englisch könnte und Musikgeschmack hätte, könnte man den Text glatt für die „Wir sind Deutschland“-Medienkampagne verwenden.

Wieder Pause, diesmal lediglich 170 Sekunden, durch den Song „Unravel“ verkörpert. Kein Problem, schließlich ja auch weniger zu verarbeiten, auch wenn „Amputee“ ebenfalls gehörig energiegeladen war. Auf geht’s zum Endspurt, 3 Songs von ca. 9 Minuten Länge. Gleich beim ersten wird klar, dass der Wellenbetrieb wieder begonnen hat. Also Kinder schützen und sich nicht am Beckenrand festhalten! Doch halt. Diese Wellen sind anders, durchweg schön und ungefährlich. „Women who love men who love drugs“ scheint der Versuch zu sein, das Glücksgefühl des Hörers zu maximieren. Man braucht sich nur Treiben zu lassen, die Wellen werden von alleine immer höher. Die Glückshormone werden regelrecht reingeprügelt. Anschließend stampft bedrohlich die „Saturday morning breakfast show“ an, obwohl sich der Titel eher nach belanglosem Sat1-Frühstücksfernsehen anhört. Wieder mitreißend, doch steht er etwas im Schatten vom grandiosen „Massive bereavement“, zumal er einige Längen aufweist. Zum Abschluss noch das ungewöhnlich ruhige „Long forgotten“, mit zarten Streichern, einer Menge gemischter Gefühle und allem, was zu einem gefühlvollen Abschied so dazugehört. Time to say goodbye.

75 1/2 Minuten, die man sich unbedingt mal durch den Kopf gehen lassen sollte. 7 von 7 Punkten also.

 

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